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Am 5. Dezember sprach Pater Josef Neuenhofer (78) vor Schülerinnen und Schülern unserer Schule über seine Arbeit in La Paz. Das Kinderhilfswerk „Arco Iris“ ist seit Mai 2013 unser Schulprojekt, das finanziell und auch personell vom Joseph-König-Gymnasium unterstützt wird: Bereits zum fünften Mal ist eine ehemalige Schülerin in La Paz vor Ort, um die Projekte von Arco Iris tatkräftig zu unterstützen.

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Pater Josef Neuenhofer sprach auch mit der Lokalpresse. Es folgt ein Interview mit Elisabeth Schrief von der Halterner Zeitung.

„Wenn nur ein Kind weniger weint…“

Pater Josef Neuenhofer besuchte Haltern und kündigte an: „Das ist meine letzte Sammeltournee.“

Halterner Zeitung, 07.12.2016, von Elisabeth Schrief

Es gibt Kindergärten, Schulen, Krankenhäuser, Zufluchtstätten und Menschen, die es gut mit ihnen meinen: Für Straßenkinder in der Millionen-Metropole La Paz, der in 4000 Metern Höhe liegenden Hauptstadt Boliviens, ist die Fundacion Arco Iris auf der Flucht vor Armut und Gewalt die einzige Chance in ihrem Leben.

Pater Josef Neuenhofer weilte an diesem Wochenende in Haltern, um in Gottesdiensten von seiner Arbeit zu berichten. Redakteurin Elisabeth Schrief hatte vorab Gelegenheit, mit ihm zu sprechen.

Sie haben  über 11 000 Kilometer und 20 Flugstunden zurückgelegt, um in Haltern und anderen Orten über Ihre Arbeit zu berichten und zu Spenden zu ermutigen. Ist das für Sie im Alter von 78 Jahren nicht  mittlerweile beschwerlich?

Seit gut 20 Jahren bin ich mit Haltern verbunden, alle zwei Jahre komme ich, um über unsere Projekte zu erzählen. Diesmal habe ich allerdings tatsächlich gezittert, ob ich den Flug und den zehnwöchigen Aufenthalt  in Deutschland  mit vielen Terminen bis zum 22. Dezember durchhalte. Ich denke, es ist meine letzte Sammeltournee durch Deutschland.

Das heißt, Sie bereiten sich auf den Ruhestand vor?

Seit 1993 bin ich in Bolivien, dort werde ich auch bis ans Ende meines Lebens bleiben. Aber ich möchte  kürzer treten. Meine Aufgabe im Älterwerden ist nun, die Fundacion auf ein gutes Fundament zu stellen. Gerade stehe ich in Erfolg versprechenden Gesprächen mit dem Kindermissionswerk der Sternsinger Aachen als Basisorganisation für meine Projekte. Ich tue alles, damit die Arbeit auch künftig in geregelten Bahnen läuft.

Wer trägt mit Ihnen die Arbeit in La Paz?

Wir haben für über 6000 Straßenkinder 189 geschulte Mitarbeiter, darunter Lehrer, Erzieher, Psychologen, Handwerker, Köche, Hilfskräfte und  Ärzte.  Die Löhne sind viel geringer als in Deutschland, ein Psychologe zum Beispiel verdient nur 350 Euro im Monat. Aber doch haben wir einen Etat von 1,5 Millionen Euro. Zu Personalkosten kommen Ausgaben für Kleidung, Schuhe, Schulmaterialien, die wir für die Kinder kaufen.

Gibt es Andere, die verlässlich spenden wie die Halterner?

15 Schulen unterstützen uns, dazu gehört auch das Joseph-König-Gymnasium. Außerdem gibt es einen Förderverein in meiner Heimat Rottweil und im Stadion von Borussia Mönchengladbach darf ich einmal im Jahr im VIP-Bereich Spenden sammeln.  Der Halterner Aktionskreis ist mir sehr ans Herz gewachsen.  Ich kann aber auch versichern, dass die Spenden von hier verlässlich und ohne Abzüge in La Paz eingesetzt werden.

Zusätzlich zu den Spenden machen sich junge Menschen aus Haltern auf den Weg zu Ihnen nach Bolivien…

Zurzeit ist Jana Köster aus Lippramsdorf  bei uns, vier Jugendliche vom Joseph-König-Gymnasium waren vor ihr in La Paz. Sie kommen mit Spanisch-Kenntnissen und einer tollen Motivation. Erst fühlen sie sich wie Weltverbesserer, nach vier Wochen sind sie geerdet. Jana hat gesagt, sie lernt bei uns mehr, als sie geben kann. Die jungen Menschen beobachten die Schicksale von Kindern, die niemandem gehören, während sie selbst in ihrer Heimat ein Nest und viel Geborgenheit haben. Die Freiwilligen machen ungeahnte Lebenserfahrungen.

Jana arbeitet in einem Haus, in dem vergewaltigte Mädchen mit ihren Babys Ruhe finden. Wie geht es Frauen in Bolivien?

Leider haben wir eine Macho-Kultur. Die Frau ist die Sklavin des Mannes, in kaum einem anderen lateinamerikanischen Land werden Frauen so brutal behandelt wie in Bolivien. Kinder werden von den Männern oft als  Ballast empfunden und schwer misshandelt.  Das ist furchtbar. Dann denken die Kinder: Schlimmer als daheim kann es auf der Straße nicht sein.

Arco Iris ist dann ein Lichtblick?

Wir haben tatsächlich tausenden Kindern und Jugendlichen helfen können, aber wir haben natürlich auch Misserfolge. Nicht alle können wir resozialisieren. Aber wir haben einen guten Ruf in der Gesellschaft. Wir vermitteln den jungen Menschen Bildung. Und das bedeutet heute alles, wenn man erfolgreich ins Leben treten möchte. Wir schauen, dass wir den Straßenkindern helfen können, bevor noch größere Wunden auftreten.

Verlieren Sie nie den Mut?

Es gibt in der Hauptstadt mehr Straßenkinder denn je, das Elend wird stetig größer. In bin jetzt 24 Jahre in La Paz. Es hat sich nichts verbessert. Das ist blamabel. Aber ich bin nicht entmutigt. Wenn in unserem maroden Weltgefüge nur ein Kind weniger weint, dann ist die Welt ein wenig besser.  Ich kann die Welt nicht verändern, aber menschlicher machen.

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Nachwort

Leider kämpft die Fundación immer mehr um den Erhalt der Projekte. Durch unseren Sponsorenlauf helfen wir Arco Iris schon sehr.

Doch darüber hinaus kann Arco Iris momentan jede Hilfe gebrauchen. Bereits kleine Beträge können viel bewirken.

Spendenkonto

Verein zur Förderung der Straßenkinder in Bolivien e. V.

IBAN: DE62 6425 0040 0000 0960 69

BIC:  SOLADES1RWL

Kreissparkasse Rottweil