Zum 175. Geburtstag des Joseph-König-Gymnasiums hatte die Schule zu einem Festakt in die Aula geladen. Dabei blickten die Gäste nicht nur zurück.

Halterner Zeitung, 20.05.2019, von Jürgen Wolter

Schulen sind immer dem gesellschaftlichen Wandel unterworfen. So auch das Joseph-König-Gymnasium, das zurzeit sein 175-jähriges Bestehen feiert. Aber sie wirken auch in die Gesellschaft hinein und befähigen junge Menschen, sich in die zukünftige Gestaltung einzubringen. Das betonen gleich mehrere Redner beim Festakt zum Geburtstag des Gymnasiums am Samstagmorgen.

Das Jubiläum wurde aber nicht nur mit Reden gefeiert. Ein Projektorchester aus Schülern und Lehrern sorgte für bewegende musikalische Momente unter anderem mit der Europahymne „Ode an die Freude“ aus der 9. Sinfonie von Ludwig van Beethoven. Und die Musical-AG setzte zusammen mit Chor und Band einen schwungvollen Ausklang mit Sequenzen aus dem Musical „Footloose“ von Kenny Loggins.

Dazwischen gab es Rückblicke, Ausblicke und Erinnerungen. Schulleiter Ulrich Wessel, Michael Müller (Vorsitzender der Schulpflegschaft) und Schülersprecherin Lilli Tiedemann hatten zunächst Gäste begrüßt. Der Leitende Regierungsschuldirektor Michael Schweers umriss die historische Situation mit der Gründungsphase der Höheren Schule in Haltern in den 1840er Jahren: „Überall wurden Schulen gegründet, wenn das Bürgertum erkannte, dass Bildung der Schlüssel zu Wissen, Einfluss und politischer Gestaltung ist“, so Schweers in Haltern. Jahrzehntelang litt die Schule unter Lehrer- und Schülermangel, in der Zeit der Nazidiktatur wurde auch sie als „Deutsche Oberschule“ vom System vereinnahmt. Erst 1962 wurde die Schule Vollgymnasium, seit 2010 ist sie Europaschule.

Die Förderung der Offenheit gegenüber anderen Kulturen betonte nicht nur Schweers, sondern auch Schulleiter Ulrich Wessel, Bürgermeister Bodo Klimpel und die ehemalige NRW-Schulministerin Sylvia Löhrmann, die dem Halterner Gymnasium seit den Tagen des Flugzeugabsturzes besonders verbunden ist.

In dieser Zeit seien Stadt und Schulgemeinde besonders zusammengewachsen, erinnerte auch Bodo Klimpel an die noch immer unfassbaren Ereignisse vom März 2015. Klimpel sicherte dem Gymnasium auch in Zukunft die Unterstützung der politschen Fraktionen zu und nannte die Digitalisierung und den geplanten Erweiterungsbau an der Annabergstraße als aktuelle Beispiele.

Zentrale Aufgaben

Einen Bildungsauftrag erfüllen und sich den gesellschaftlichen Herausforderungen stellen: Darin sieht Schulleiter Ulrich Wessel die zentralen Aufgaben des Gymnasiums in Haltern. Die Verstöße gegen den Anstand nähmen zu, auch in der politischen Welt, so Wessel. Wohin Nationalismus und Isolationismus geführt hätten, das habe Europa leidvoll in zwei Weltkriegen erfahren müssen. Vermittlung der Werte der Demokratie, der Nächstenliebe und der Toleranz sind für Wessel deshalb Schlüsselaufgaben, damit Schüler befähigt werden, in Zukunft Verantwortung zu übernehmen.

In der heutigen Welt der globalen Bedrohungen hätten Kinder auch ein „Recht auf optimistische Erwachsene“, betonte Sylvia Löhrmann, denn die Bedrohungen setzten auch positive Kräfte frei, etwas zu verbessern. „Global denken, lokal handeln“, laute dabei die Devise, so Löhrmann. Schüler müssen befähigt werden, Widersprüche auszuhalten und sich auch in die Rolle des Andersdenkenden hineinversetzen zu können. Als Europaschule gehe das Joseph-König-Gymnasium mit seiner interkulturellen Pädagogik einen zukunftsweisenden Weg.

In mehreren Talkrunden mit Lehrern und Schülern griffen die Moderatoren Regina Schürig und Dietmar Bienert unterschiedliche Aspekte des Schullebens auf. Die Schulentwicklung verdeutlichte der ehemalige Lehrer Rolf Riedel anhand einer Passage aus dem Roman „Die Buddenbrooks“ von Thomas Mann. Das dort geschilderte autoritäre Schulsystem gehört zum Glück der Vergangenheit an. Die Persönlichkeit der Schüler für die Aufgaben der Zukunft zu stärken, das ist heute die zentrale Aufgabe, nicht nur des Halterner Gymnasiums.

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Rede von Sylvia Löhrmann, Staatsministerin a. D.

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Die Geschichte des Gymnasiums wurde in einer Festschrift aufgearbeitet, die im Sekretariat zum Preis von 6 Euro erhältlich ist.