Die 81-jährige Holocaust-Überlebende Eva Weyl berichtete am 6. Dezember vor unseren Jahrgangsstufen 9 und 12 in der Aula von ihrer beeindruckenden Lebensgeschichte.
Frau Weyl wurde 1935 geboren und lebte in den Jahren 1942 bis 1945 im niederländischen Durchgangslager Westerbork an der deutsch-niederländischen Grenze, von wo aus fast alle dort gefangen gehaltenen Juden in Vernichtungslager deportiert wurden. Bewegend schilderte Frau Weyl vom Umzug der Eltern in die Niederlande 1934 nach der nationalsozialistischen Machtübernahme 1933, der Ausgrenzung, die sie und ihre Familie erfahren mussten, und der schrecklichen Zeit in Westerbork.
„Schöner Schein“
Besonders deutlich macht sie dabei den „schönen Schein“, der im Lager herrschte: um die Transporte in die Vernichtungslager im Osten möglichst reibungslos zu gestalten, sorgte der Kommandant Albert Konrad Gremmeker für vergleichsweise gute Zustände. So gab es ein Krankenhaus, ein Orchester oder ein Theater. Dass es sich bei dem Lager lediglich um eine Zwischenstation auf dem Weg in die Vernichtungslager handelte, musste auch die Zeitzeugin erleben: Dreimal entkam sie nur knapp dem Transport Richtung Osten und gehörte so zu den nur etwa 5000 Überlebenden in Westerbork. Von den etwa 107000 Menschen, die von dort aus in die Vernichtungslager depotiert wurden, fanden 102000 Menschen den Tod.
„Ihr seid nicht schuldig, aber ihr habt Verantwortung!“
Die Schülerinnen und Schüler der Jahrgangsstufen 9 und Q2, in der der Zweite Weltkrieg und der Holocaust behandelt werden, haben auf diese Weise einen ganz besonderen Zugang zur Thematik erhalten. Die nahezu einmalige Gelegenheit, eine Holocaust-Überlebende persönlich zu erleben, hat dabei einen ebenso nachhaltigen Eindruck hinterlassen wie ihre Botschaft: Frau Weyl betonte mit Nachdruck, dass sie mit ihrer Geschichte nicht die heutigen Schülerinnen und Schüler anklage, sondern die Erinnerung wachhalten wolle. Gerade vor dem Hintergrund aktueller Entwicklungen müsse sich auch die gegenwärtige Schülergeneration der Vergangenheit bewusst sein und Verantwortung für die Zukunft übernehmen. Bald werde es keine Zeitzeugen mehr geben; sie – die Schülerinnen und Schüler – seien dann „Zweitzeugen“, die mit der Vergangenheit verantwortungsvoll umgehen müssen.
Die Schülerinnen und Schüler nutzten die Gelegenheit, Fragen an Frau Weyl zu stellen. Sie interessierte beispielsweise, ob sie noch Kontakt zu anderen Überlebenden von Westerbork habe. „Ja, das habe ich, allerdings leben die meisten nicht mehr.“
An dieser Stelle einen herzlichen Dank an Frau Weyl, die mit ihrem Vortrag nicht nur einen höchst authentischen Zugang zur Geschichte eröffnet hat, sondern die beeindruckten Schülerinnen und Schülern auch zum Nachdenken über ihre eigene Verantwortung für Gegenwart und Zukunft anregen konnte.