“Mommy, haven’t I been good? It’s dark. It’s dark.”

In der Woche vor den Weihnachtsferien stand noch ein Termin für die Schülerinnen und Schüler der Q1 und Q2 an, der nicht zur vorweihnachtlichen Stimmung passen wollte. 23 SchülerInnen der Q2 hatten im Juli 2019 an einer Gedenkstättenfahrt ins ehemalige Konzentrationslager Majdanek in Lublin (Polen) teilgenommen und berichteten am Dienstagabend und am Donnerstag in der 6. Stunde von ihren Erfahrungen, Erlebnissen und Eindrücken.

Die Zuhörer – Eltern, Freunde und besonders Mitschüler – erfuhren viel über das Land Polen, die Kultur, das Essen und die wunderschöne Stadt Lublin. Der eigentliche Zweck der Fahrt war aber der Besuch der heutigen Gedenkstätte auf dem Gelände des ehemaligen Konzentrations- und Vernichtungslagers Majdanek.

Majdanek, in der unmittelbaren Nähe der ostpolnischen Stadt Lublin gelegen, war die Zentrale der sogenannten „Aktion Reinhardt“, dem Vorhaben, alle jüdischen Bewohner des damaligen „Generalgouvernements“ zu ermorden. Das betraf eine Zahl von ca. 2 Millionen Menschen. Diese sollten systematisch ihres Eigentums beraubt, in Ghettos gepfercht und abschließend ermordet werden, wozu neben Majdanek noch drei weitere Vernichtungslager und eine große Anzahl kleinerer Nebenlager, Durchgangslager und Tötungsstätten errichtet wurden.

Majdanek lernten die Schülerinnen und Schüler an zwei ganzen Tagen kennen. Besonders beeindruckend waren die konkreten Geschichten und Überreste Einzelner, die man anhand zahlreicher Materialien kennenlernen konnte. Durch das Betrachten von Fotos, Kleidungsstücken wie z. B. Schuhen, von Briefen und improvisiertem Besteck konnten sich die Besucher zumindest ansatzweise in die Lebensbedingungen einfühlen, die in dem Lager geherrscht haben müssen. Es gab auch lange Todeslisten, die Unterkunftsbaracken und das Krematorium zu sehen, in dem die vielen, vielen Leichname verbrannt wurden.

Bei der Präsentation stellten die Schülerinnen und Schüler in kleinen Gruppen verschiedene Orte und Tage vor, die sie während der Fahrt gesehen und durchlebt hatten. Die grauenerregenden Tatsachen, die man während eines Tages erfahren hatte, wurden durch gemütliche Abende in der hübschen, fast mediterran anmutenden Altstadt Lublins abgelöst. Zum Abendessen konnte man auch lachen und die Gemeinschaft genießen, Gespräche über das Gesehene waren jedoch auch hier allgegenwärtig.

Fast noch eindrucksvoller als Majdanek war der Besuch des Vernichtungslagers Belzec nahe der ukrainischen Grenze. Das Lager, welches nur 10 Monate „in Betrieb“ war, wurde der Todesort von etwa 450.000 Menschen aus ganz Europa. Von der Ankunft der mit Menschen vollgestopften Züge bis zu deren Tod in den Gaskammern brauchten die SS-Mannschaften nur wenige Stunden. Es gab insgesamt nur eine Handvoll Überlebender, gerade zwei von ihnen sind namentlich bekannt. Diese Dimension ließ jeden Besucher verstummen. Mit einem Zitat einer der Schülerinnen nach dem Besuch in Belzec beenden wir diesen Bericht:

„Doch das mit Abstand beeindruckendste Erlebnis war der letzte, große Raum im Museum von diesem Vernichtungslager. Nachdem wir freie Zeit hatten, eigenständig durch das kleine Museum zu gehen, habe ich diesen dunklen Raum betreten. Er war sehr groß, aus Stein errichtet und nur wenig Licht schien hinein. Es hatte keine Fenster nur ein paar Tische, die in der Nähe des Eingangs standen. Als ich über die Türschwelle trat, hörte ich mehrere Schüsse. Ich fragte mich, woher diese Schüsse kamen. Dann entdeckte ich meine Freunde an der hinteren Wand, welche ca. 100 m entfernt von mir war. Der Weg zur anderen Steinwand dauerte gefühlt eine halbe Ewigkeit. Auf diesem Weg lebte ich vollkommen im Moment. Ich habe nicht gedacht, nicht geredet, sondern einfach die Atmosphäre auf mich wirken lassen. Diese war unbeschreiblich. Ein komisches Gefühl stieg in mir auf. Es kam mir so vor, als würde ich erschossen werden, doch die Kugeln gingen durch mich durch. Eine unbeschreibliche Erfahrung, die ich so schnell nicht vergessen werde. Nach solchen Erfahrungen denkt man viel über das Leben nach. Wie zerbrechlich und kostbar es doch ist… Eins ist mir klar geworden: Niemand sollte die Macht haben, das Leben anderer zu beenden!“